Auf der einen Seite überhaupt nicht und auf der anderen Seite komplett. Und es widerspricht sich nicht. Die Anforderungen an „was man draufhaben“ sollte sind die Gleichen geblieben. Heißt: Man muss nicht studiert haben (hab ich übrigens auch nicht), aber muss sein Handwerk beherrschen. Die Texte müssen tragen und dürfen keine Schwächen haben. Die Entwicklung über die Jahre macht sich im Alltagsgeschäft schon bemerkbar: Im Printbereich wurden die Texte insgesamt kürzer, schneller konsumierbar, mehr in Richtung Bits & Pieces und im Layout hat die Bildsprache, insgesamt der Bild-Anteil, deutlich zugenommen. Kurz: Weniger Text, größere Bilder. Und: Alles schneller.
Dadurch, dass es vor 25 Jahren noch keine Online-Texter gab, hat sich das Berufsbild hier dann doch um hundert Grad gewandelt. Anfangs waren wir skeptisch. Online hatte keinen Wert, wurde nicht ernstgenommen und belächelt. Wie naiv, wenn man sieht, dass ohne Internet und Online-Texter heute gar nichts mehr geht. Die alten Hasen mussten anerkennen, dass die KollegInnen nach genau den gleichen Grundlagen ausgebildet werden – und Onlineskills on top draufhaben. So ganz langsam – und sicher noch lange nicht in allen Bereichen, gleichen sich die Honorare an ... es ist noch ein Weg zu gehen, aber es wird besser.
Wie könnten meine ersten Schritte aussehen, wenn ich als freier Texter in der Branche Fuß fassen will?
Zunächst einmal würde ich den ganzen Bürokram klären –
KSK-Anmeldung, Gründungszuschuss beantragen etc. Anschließend lohnt es sich zu überlegen, wie man sich positionieren möchte – also möchte ich gefunden werden und dann beauftragt; oder möchte ich aktiv akquirieren, weil ich für Medium XY schreiben möchte. Davon hängt dann ab, ob ich eine Website brauche oder erstmal nicht. Ist das entschieden, muss ich sehen was ich schon gemacht habe und ein Portfolio erstellen. Wenn noch nicht viel da ist an Material, dann kann man auch in Vorleistung gehen und Schriftproben anfertigen. Wenn man sich selbstbewusst gibt, braucht man das aber nicht unbedingt.
Welche Fähigkeiten sollte ich als freier Texter mitbringen?
Das Handwerk! Rechtschreibung und Grammatik sollten geläufig sein. Wer hier unsicher ist oder Lücken hat – wie beispielsweise ich bei Kommasetzung, kann sich durch eine/n SchlussredakteurIn absichern. Die Grundzüge wie man welche Textform schreibt, wie man einsteigt, wie man Headlines textet, die Unterschiede der verschiedenen Textmöglichkeiten – Reportagen sind ganz anders aufgebaut als Interviews. SEO-Texte unterscheiden sich von normalen Produkttexten und Storytelling ist gerade im Advertorialbereich oder bei Onlinetexten existentiell.
Was ist deine Meinung zu Texterplattformen wie content.de oder textbroker.de?
Es ist schlichtweg Ausbeute. Ich hab es selbst getestet, weil ich ja wissen muss, wie sie ticken, um sie beurteilen zu können. Generell gibt es immer häufiger die Unart, Cent pro Wort zu bezahlen, seit es diese Contentagenturen gibt. Es kann passieren, dass du einen ganzen Tag an einem Text sitzt, der sich nicht doppeln darf und bei dem gängige Redewendungen umgetextet werden müssen, weil es sonst als Duplikat gilt, und am Ende bekommst du 30 Euro dafür. 30 Euro für einen Tag Arbeit. Mach eine Null dran, dann wird ein Schuh draus.
Auch das Argument, das mir immer wieder begegnet: Aber da kann ich üben und bekomme wenigstens was dafür. Nein. Finger weg – das ruiniert nicht nur die Preise in der Branche, sondern auch deine. Ein Honorar ist immer auch ein Wert. Eine Wertschätzung.
Deine Arbeit.
Es gibt genügend Möglichkeiten, Fuß zu fassen.
Welche anderen Wege gibt es, um an Aufträge zu kommen?
Das hängt ein bisschen vom Akquisetyp ab, der man ist. Bist du eher introvertiert, ambivertiert oder extrovertiert? Unter www.freischreiberei.de/newsletter bekommst du meinen Akquisetest gratis.
Nun zu meinen persönlichen Top 3:
1) Geh Kaffeetrinken!
Schau, wer in deinem Umfeld im Medienbereich arbeitet, eventuell wurdest du schon mal gebucht. Frage nach. Kaffeetrinken ist für mich ein Synonym für Akquise und Netzwerken. So wichtig!
2) Denk weiter!
Schau mal im Internet in die Stellenausschreibungen bei verschiedenen Jobbörsen. Gib Redakteur, Autor, Journalist und Texter ein. Spiel alle durch und schau mal, was gesucht wird. Manchmal sind sogar Freie explizit gewünscht, manchmal sind es Festanstellungen. Was ich schon gemacht habe: Ein schönes Anschreiben verfasst, passend zum Suchenden und mit ein paar Hinweisen auf die Stelle, die sie suchen. Dann habe ich geschrieben, dass ich total ins Profil passen würde und die ausgeschriebene Stelle gerne ausfüllen würde, aber als Freie.
3) Halte die Augen offen
Mir sind neulich gleich zwei Zeitschriften/Zeitungen buchstäblich in die Hände gefallen. Nämlich aus dem Briefkasten ... Einmal eines das heißt „Küchengeschichten“ – es wird herausgegeben von der Küchengilde und einmal ein dickes Reisemagazin für Unternehmer. Warum nicht denen mal ein kurzes Exposé senden? Entweder als Mitarbeiter oder als Adressat für ein besser gemachtes Magazin?! Ich sammle das alles und brainstorme dann, wenn ich einen Stoß zusammen habe mit meinem Team, was wir sonst noch so alles gemeinsam machen könnten.
Gibt es Bereiche, in denen Texter derzeit besonders gefragt sind?
Aktuell im SEO-Textbereich und in Nischen. Aber auch bei Zeitschriften – manchmal ist es unsere Aufgabe als Freie, ihnen zu zeigen, was sie noch alles brauchen ;-) ... wenn du da mal brainstormst, deine Idee in einem coolen Pitch und einem Kurz-Exposé anbietest, wärst du nicht der/die Erste, der/die mit einem Auftrag rauslaufen würde.
Wie kann ich mich als weiterbilden, wenn ich Quereinsteiger bin?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten – beim Deutschen Journalistenverband gibt es ein ganz gutes Programm oder im Onlinekursbereich – je nachdem in welche Richtung es gehen soll: SEO-Kurse, Landingpage-Texten, Reportageschreiben beispielsweise.
Bei mir auf dem Blog gibt es kostenfreie Infos zu den Themen:
Außerdem biete ich verschiedene Workshops an.
Komm gerne solange in die Facebook-Gruppe für freie Texter und Redakteure (und natürlich Autoren) 😊